Ein Mädchen aus einer Arbeiterfamilie,
ein Vorstandsvorsitzender eines DAX-Unternehmens,
eine Rentnerin mit einer Demenzerkrankung,
ein wohnungsloser Mann, der Zeitungen auf der Straße verkauft,
eine Kabarettistin, die im Rollstuhl sitzt,
ein alleinerziehender Vater auf Jobsuche,
eine Universitätsprofessorin, die ein Kopftuch trägt,
ein ausländischer Student,
…,
WIR,
ICH,
SIE.
Lebenswelten von Menschen sind individuell und heterogen. Vielfalt und Verschiedenheit kennzeichnen unsere Gesellschaft und jede einzelne Person in dieser Gesellschaft. Jung – alt, arm – reich, religiös – atheistisch, privilegiert – benachteiligt, physisch und psychisch versehrt – unversehrt, wenige – viele Bildungserfahrungen, und viele weitere Kategorien, die sich jeweils durch ein Kontinuum ausdrücken, dienen als Beschreibungen für die Lebenswelt von Menschen. Durch diese Beschreibungen werden oftmals Bilder von Personen erzeugt, die neben den genannten Merkmalen auch Erwartungen und Annahmen über das Empfinden und Verhalten der beschriebenen Personen beinhalten, die über die explizit genannten Informationen hinausgehen. Allein aufgrund der Beschreibung von Lebenswelten sind jedoch Schlussfolgerungen darüber, wie die einzelnen Personen ihre Lebenswelten wahrnehmen, nicht möglich.
Wie fühlt es sich an, in einem fremden Land leben und arbeiten zu müssen, ohne die dortige Majoritätensprache verstehen und sprechen zu können? Wie fühlt es sich an, aufgrund eines äußeren Merkmals, einer körperlichen oder geistigen Eigenschaft benachteiligt oder bevorzugt zu werden? Dies sind Fragen, denen sich die Arbeitsgruppe „Walking in someone else’s shoes“ widmet. Anhand mehrerer, sozialer Experimente soll die Lebenswelt verschiedenster Personen erfahrbar gemacht werden. Hierdurch sollen Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Erleben und Wahrnehmen der eigenen und fremden Lebenswelt entdeckt und in vorbereiteten Austauschformaten reflektiert werden.
Ziel der Arbeitsgruppe ist es, Menschen eine Möglichkeit zu geben, sich intensiv mit der eigenen und anderen Lebenswelten auseinanderzusetzen und hierdurch einen länger andauernden Reflexionsprozess über das (gemeinsame) Leben in unserer Gesellschaft anzustoßen.
Die Arbeitsgruppe bearbeitet drei Teilprojekte.
Die Subgruppe „Spiel“ wird verschiedene Brettspiele und Kartenspiele entwickeln sowie einige bestehende Spiele adaptieren. Ziel ist es, anhand dieser Spiele soziale Benachteiligungen und Privilegien in unserer Gesellschaft erfahrbar zu machen und eine Reflexion darüber anzustoßen. Wie fühlt es sich zum Beispiel an, bei einem Spiel systematisch benachteiligt zu werden oder einen Vorteil zu erhalten? Und was sagt es über uns aus, wenn in einem Quiz berühmte Personen erraten werden sollen und sich herausstellt, dass unsere richtigen Antworten ein spezifisches soziales Muster (z.B. „weiße Männer“) zeigen? Die Herausforderung ist, eine gute Balance zwischen Spielbarkeit und Spaß einerseits und eine angemessene und zur Reflexion anregende Darstellung sozialer Ungleichheiten andererseits zu finden.
Die Arbeitsgruppe „Digital Blue Shoes“ interessiert sich für die Frage, inwiefern die Visualisierung von unterschiedlichen Lebens- und Erlebensrealitäten die wahrgenommene Distanz zwischen verschiedenen Personen und Personengruppen reduzieren kann. Dies wird sowohl in Offline- als auch in Online-Umgebungen betrachtet. So soll mittels eines Online-Experiments untersucht werden, inwiefern Menschen verminderte Stereotype gegenüber stigmatisierten Gruppen haben nachdem sie mit Hilfe von persönlichen Online-Profilen (auf sozialen Medien) Alltags-Berichten von Mitgliedern dieser Gruppe ausgesetzt werden. Des Weiteren ist es geplant, in kreativer Form zu visualisieren, wie unterschiedliche Menschen öffentliche Orte (z.B. einen Park) unterschiedlich nutzen. Im Raum steht die Frage, ob diese Visualisierung verspürte Distanzen zwischen einzelnen Personen abbauen kann.
Die Einflüsse auf die Gestaltung von erfolgreichen Bildungsprozessen steht seit der Veröffentlichung von großen internationalen Schulleistungsstudien verstärkt im Mittelpunkt gesellschaftlicher, politischer und wissenschaftlicher Diskussionen. Zentrale Akteure in diesem Feld sind Eltern und Lehrer/-innen. Vor dem Hintergrund wachsender Heterogenität in den Schulklassen möchten wir uns in unserem Teilprojekt mit ihren Idealvorstellungen, Sichtweisen und Wünschen zur Gestaltung von Unterricht und Alltag in der Grundschule beschäftigen. Hierzu führen wir mit beiden Gruppen Einzelinterviews durch, um Erwartungshaltungen auf beiden Seiten transparent zu machen und dadurch Missverständnisse und Vorurteile abzubauen. Im Rahmen einer gemeinsamen Plattform sollen Eltern und Lehrer/-innen anschließend die Möglichkeit bekommen, sich mit der Sicht des jeweils anderen auseinanderzusetzen, um ggf. Wertschätzung, Anerkennung und Verständnis zu entwickeln.
Die Abschlussveranstaltung fand am 29. und 30. März 2019 in Bochum statt.
Mitglieder der AG „Walking in someone else’s shoes“:
Fakultät / Abteilung | Institution | |
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Dube, Juliane | Fakultät Geisteswissenschaften, Institut für Germanistik - Literaturwissenschaft/-didaktik | Universität Duisburg-Essen |
Klein, Esther Dominique | Fakultät für Bildungswissenschaften, Arbeitsgruppe Bildungsforschung | Universität Duisburg-Essen |
Lüke, Carina | Fakultät für Rehabilitationswissenschaften, Fachgebiet Sprache und Kommunikation | Technische Universität Dortmund |
Meinel, Dietmar | Fakultät für Geisteswissenschaften, Institut für Anglophone Studien | Universität Duisburg-Essen |
Mohri, Khadijeh | Fakultät für Ingenieurswissenschaften, Fluiddynamik, Juniorprofessur Tomographische Methoden der Energie- und Verfahrenstechnik | Universität Duisburg-Essen |
Neubaum, German | Fakultät für Ingenieurswissenschaften, Fachgebiet Sozialpsychologie | Universität Duisburg-Essen |
Raasch, Josefine | Fakultät für Sozialwissenschaft, CAST - Center for Anthropological Knowledge in Scientific and Technological Cultures | Ruhr-Universität Bochum |
Reichow, Aline | Fachbereich 4, Gefahrstoffe und biologische Arbeitsstoffe | BAuA - Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin |
Riese, Julia | Fakultät für Maschinenbau, Institut für Thermo- und Fluiddynamik, Lehrstuhl für Fluidverfahrenstechnik | Ruhr-Universität Bochum |
Romano, Giulia | IN-EAST School of Advanced Studies, Institut für Ostasienwissenschaften | Universität Duisburg-Essen |
Scholten, Matthé | Medizinische Fakultät, Abteilung für Medizinische Ethik & Geschichte der Medizin | Ruhr-Universität Bochum |