Resilienz kann beschrieben werden als die Widerstandsfähigkeit gegenüber äußeren Umständen. Diese kann sowohl auf individueller als auch auf organisationaler Ebene vorherrschen. Menschen, die als resilient bezeichnet werden, sind in der Lage, unsichere Situationen oder Krisen auszuhalten und gegebenenfalls sogar gestärkt aus ihnen hervorzugehen. Zudem verfügen besonders resiliente Menschen häufig über eine überdurchschnittlich hohe Veränderungsbereitschaft und können sich oft vorurteilsfreier und offener (entdeckender) in neuen Situationen zurechtfinden, unabhängig davon, ob diese vermeintlich eher positiv oder negativ sind. Resilienz zielt dabei nicht darauf, die Faktoren, die die Unsicherheit oder Krisen auslösen, direkt zu verändern, sondern verändert die Reaktion auf jene Faktoren. Insofern handelt es sich um eine Strategie, Unsicherheit auszuhalten und zu überwinden, ohne deren Ursachen aus der Welt schaffen zu können.
Angesichts der Einsicht, dass die Welt komplex ist und dass sich dieser Zustand nicht ändern, wohl aber nutzen lässt, hält das Konzept der Resilienz im wirtschaftlichen Kontext verstärkt Einzug. Zum einen auf individueller Ebene der Mitarbeitenden, vor allem derjenigen in Führungspositionen, zum anderen auch auf organisationaler Ebene. Hierbei geht es darum, als gesamte Organisation weniger abhängig von teilweise nicht beeinflussbaren Rahmenbedingungen zu sein, als auch darum, besser und schneller auf immer komplexere, unvorhersehbarere und sich verändernde Rahmenbedingungen, wie neue Marktentwicklungen, Konkurrenten oder Kundenbedürfnisse, reagieren zu können oder diese gegebenenfalls sogar zu antizipieren.[1] Auch auf der Ebene von Nationalstaaten oder Staatengemeinschaften spricht man von systemischer Resilienz und meint damit die jeweilige Widerstandsfähigkeit gegenüber Außenwirtschaftskrisen, terroristischen Anschlägen oder Katastrophen. Dem in 2020 veröffentlichen FM Global Resilience Index zufolge sind die resilientesten Nationalstaaten heute Norwegen, die Schweiz und Dänemark, gefolgt von Deutschland auf Platz 4.[2]
Dass organisationale Resilienz aufbau- bzw. erweiterbar ist, liegt auf der Hand. Hierzu können strategische Ausrichtungen, Entscheidungsprozesse oder besondere Abhängigkeiten überprüft und verändert werden. Ein prominentes Beispiel im Zuge der Coronakrise sind globalisierte Lieferketten, die im Falle einer Pandemie zusammenbrechen, was eine entsprechende Verknappung notweniger Güter zur Folge haben kann. Eine solche Situation lässt sich verhältnismäßig einfach lösen bzw. zukünftig vermeiden, womit die Resilienz, in diesem Fall auf Ebene der Nationalstaaten, steigt.
Aber auch auf individueller Ebene ist Resilienz erlernbar. Dies belegt die US-amerikanische Entwicklungspsychologin Emmy Werner erstmalig 1971 in einer Längsschnittstudie über die Entwicklung von knapp 700 Kindern auf der hawaiianischen Insel Kauai.[3] Allerdings sollte nicht davon ausgegangen werden, dass sich eine ausgeprägte Resilienz schnell antrainieren lässt. Es ist vielmehr ein langer Prozess des stetigen Lernens von hilfreichen Praktiken und dem Verlernen hinderlicher Verhaltensweisen.[4] Individuelle Resilienz kann auf vielfältige Weise gestärkt werden, zum Beispiel durch den Versuch positiv zu denken, das Bewusstsein über die eigenen guten Eigenschaften, Glaubenssätze und Werte, durch ein Netzwerk von Freunden, ein stabiles soziales Umfeld und ein Zugehörigkeitsgefühl, welches sich auch in spiritueller Anbindung zeigen kann. Zudem durch eine realistische Einschätzung gegenüber selbstgesetzten Zielen und Erwartungen, durch Proaktivität und das Nicht-Aufschieben schwieriger Entscheidungen und durch die Fähigkeit, Hilfe anzunehmen und nach dieser zu fragen. Ebenso durch authentisches und empathisches Auftreten oder das Fokussieren auf das in einem Moment Wahrnehmbare, ohne direkt zu bewerten und zu urteilen. Letztgenannte Praxis findet unter dem Namen Achtsamkeit seit vielen Jahren mehr und mehr Beachtung und ist durch konkrete und einfache Übungen gut zu trainieren.
Das eigene Verhalten kann auch auf andere Personen im direkten Umfeld positiv wirken. So können Eltern die Resilienz ihrer Kinder beispielsweise dadurch stärken, dass sie den eigenen Kindern auf Augenhöhe begegnen, indem sie Meinungen und Ängste ernstnehmen.
[1] British Standards Institution (BSI): Guidance on organizational resilience, London 2014.
[2] FM Global: 2020 FM Global Resilience Index, Johnston, RI 2020.
[3] Werner, Emmy E.: The children of Kauai. A longitudinal study from the prenatal period to age ten, Honolulu 1971.
[4] Kalisch, Raffael: Der resiliente Mensch. Wie wir Krisen erleben und bewältigen, Göttingen 82017.
Literaturhinweise
Berndt, Christina: Resilienz. Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft. Was uns stark macht gegen Stress, Depressionen und Burn-out, München 2015.
British Standards Institution (BSI): Guidance on organizational resilience, London 2014.
FM Global: 2020 FM Global Resilience Index, Johnston, RI 2020.
Gruhl, Monika: Resilienz – die Strategie der Stehauf-Menschen. Krisen meistern mit innerer Widerstandskraft, Freiburg 2018.
Kalisch, Raffael: Der resiliente Mensch. Wie wir Krisen erleben und bewältigen, Berlin 2017.
Mourlane, Denis: Resilienz. Die unentdeckte Fähigkeit der wirklich Erfolgreichen, Göttingen 82017.
Werner, Emmy E.: The children of Kauai. A longitudinal study from the prenatal period to age ten, Honolulu 1971.