Abschlussveranstaltung

Der Klimawandel betrifft uns alle und wir befinden uns schon lange mittendrin. Inwieweit jede*r Einzelne im Alltag aktiv zum Klimaschutz beitragen kann hat die Arbeitsgruppe „Klimabewusster Alltag – Klimabewusste Gesellschaft vs. paradoxes Verhalten von Individuen“ während der Zeit in der Global Young Faculty untersucht. Dabei fokussierten sich die Mitglieder der Arbeitsgruppe besonders auf die Erforschung von häufig paradoxem Verhalten von Konsumenten im Alltag. Dazu haben Mitglieder der Arbeitsgruppe Interviews geführt, eine bevölkerungsrepräsentative Erhebung durchgeführt, in Selbstversuchen paradoxe Verhaltensweisen reflektiert und ein Spiel (Klima-isst-Trumpf ) entwickelt, welches zu klimafreundlichem Verhalten im Kontext von Lebensmittelkonsum anregen soll.

Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe wurden am 26.02.2021 in Form einer digitalen Podiumsdiskussion, mit über 120 Teilnehmern und einem hochkarätigen Podium präsentiert und diskutiert.

Die Veranstaltung wurde von Sabine Ziemke moderiert und als Expert*innen standen Viktor Haase (Umweltministerium NRW), Prof. Dr. Gerhard Reese (Universität Koblenz-Landau), Luca Samlidis (Fridays for Future) und Ulrike Schell (Verbraucherzentrale NRW) bereit. Nach einer kurzen Vorstellung der Projektidee und Gäste durch Frau Ziemke hat Meral Ziegler mit einem Poetry-Slam Beitrag amüsant und nachdenklich in das Thema eingeführt und paradoxe Verhaltensweisen in unterschiedlichen Bereichen aufgezeigt.

Die Leitfrage, mit der die Diskussion angestoßen wurde, lautete, warum wir uns paradox verhalten. Demnach spielen laut Professor Reese Bequemlichkeit und Routinen eine Rolle, aber neben diesen individuellen Prozessen sind auch systemische Aspekte, wie das Gesellschafts- und Wirtschaftssystem relevant.

Motiviert durch die Ergebnisse der Erhebung ging es im Verlauf der Diskussion auch um die Kostenfrage. Im Durchschnitt waren die Befragten der Erhebung bereit, einen Preisaufschlag von 10% für eine nachhaltige Alternative in den Bereichen Energie, Mobilität und Konsum zu bezahlen, während die Mehrzahlungsbereitschaft im Bereich Ernährung 20% beträgt. Herr Samlidis betonte, dass das mittelfristige Ziel jedoch sein müsse, klimafreundliche Produkte günstiger anzubieten, als klimaschädliche. Dazu sei es wichtig, die klimatischen sowie sozialen Folgekosten zu berücksichtigen, die sonst auf zukünftige Generationen oder schon jetzt stark betroffene Menschen im Globalen Süden ausgelagert werden. Eine sozial gerechte CO2-Steuer sei eine Option.

Im Kern der Diskussion ging es im Anschluss um individuelle Verhaltensweisen. Die Mehrheit der Befragten setzt klimafreundliches Verhalten beispielsweise mit Mülltrennung und der Nutzung von Mehrwegverpackungen gleich und gibt auch an, dass sie diese Verhaltensweisen häufig im Alltag umsetzen. Weniger klimafreundlich wird der Verzicht auf tierische Produkte gesehen. Wenn es um Einschnitte in der persönlichen Mobilität geht, erachten Teilnehmende beispielsweise die Nutzung des ÖPNV zwar als klimafreundliches Verhalten, aber sie verhalten sich nicht entsprechend. Welche Gründe könnten hierfür ausschlaggebend sein? Laut Herrn Haase muss klimafreundliches Verhalten nicht nur günstiger, sondern insbesondere auch einfacher werden.

Wenn es um die Verantwortung für Klimaschutz geht, sehen mehr als drei Viertel der Befragten sowohl die Politik als auch das Individuum gleichermaßen in der Verantwortung. Dennoch wünscht sich Frau Schell, dass die Politik mutiger sein müsste. Allerdings müsste dafür zunächst ein gesellschaftlicher Konsens gefunden werden, was laut Herrn Haase Zeit in Anspruch nimmt –  Zeit, die laut Herrn Samlidis aber immer knapper wird.

Ein Aspekt des paradoxen Verhaltens ist demnach also, dass Menschen entgegen besseren Wissens klimaschädliches Verhalten an den Tag legen. Weiterhin herrscht zwar großer Konsens, dass Politik etwas unternehmen muss, aber entsprechende Politiken werden abgelehnt, sobald die eigene Komfortzone berührt wird. Herr Reese erklärt dies u.a. mit einem wahrgenommenen Eingriff in das persönliche Kontrollbedürfnis. Frau Schell betont in diesem Zusammenhang die wichtige Rolle von Sichtbarkeit der positiven Wirkung.

Zum Abschluss gab Professor Reese noch drei Tipps das eigene Verhalten hin zu mehr Klimafreundlichkeit anzupassen. Demnach sollte man sich erstens auf die „Big Points“ konzentrieren, d.h. sich u.a verstärkt pflanzlich zu ernähren, autofrei mobil zu sein, zu einem Ökostromanbieter zu wechseln und sein Geld nachhaltig anzulegen. Zweitens sei es wichtig, sich möglichst genaue Ziele zu setzen und drittens im Kollektiv zu agieren.

Die Aufzeichnung der Veranstaltung ist weiterhin online verfügbar unter:
https://youtu.be/sS2PF5DkF_0?t=2103.